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'Schily: Entführte Flugzeuge notfalls abschiessen'

 
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.chs
eddh.de-Stamm-User


Hier seit: 17.02.2003
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Ort: EDSH

BeitragVerfasst am: Fr, 30 Jan 2004, 13:00    Titel: 'Schily: Entführte Flugzeuge notfalls abschiessen' Antworten mit Zitat

Evil or Very Mad Evil or Very Mad Evil or Very Mad

Ich glaube, jetzt drehen ein paar Figuren komplett durch!

Sollen -zu den vielleicht 100 Menschen im Flieger- noch weitere unschuldige Menschen am Boden in Mitleidenschaft gezogen werden? Wie sieht es z.B. mit dem Schadenersatz für Sachschäden am Boden aus? Sollen der dann, neben den Zahlungen an die Hinterbliebenen, womöglich mit dem Verweis auf 'höhere Gewalt', abgelehnt werden?

Warum stürzen sich unsere 'intelligenten Volksvertreter' (absichtlich in Hochkommas) fast ausschliesslich auf Massnahmen, die die Luftfahrt betreffen?
Warum wird nicht einfach (u.a. weil ohne 'flexible' Auslegung des Grundgesetzes möglich) versucht, schon am Boden und im täglichen Leben für mehr Sicherheit zu sorgen?

Ich glaube zu wissen, warum:
Da unsere Regierenden und Verwaltenden schon lange die Bodenhaftung verloren haben, können sie auch nur noch in diesen höheren Sphären denken und sind im schlimmsten aller anzunehmenden Fälle hinterher total überrascht, dass es am Boden 'Kolateralschäden' (was für ein Wort, ich könnte k..., wenn ich es höre!) gegeben hat!

Herr, schmeiss Hirn raa! (so sagt man im Schwäbischen)


Zuletzt bearbeitet von .chs am Di, 03 Feb 2004, 12:24, insgesamt einmal bearbeitet
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.chs
eddh.de-Stamm-User


Hier seit: 17.02.2003
Beiträge: 76
Ort: EDSH

BeitragVerfasst am: Di, 03 Feb 2004, 12:23    Titel: Antworten mit Zitat

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Nachsatz vom 03.02.04:

http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/962/25937/ aus der EDDH-Presseschau:

Luftsicherheit

"Feuer frei" darf es nicht geben

Ein neues Gesetz will den Abschuss von entführten Zivilflugzeugen regeln. Das Leben von Passagieren kann nicht mit dem anderer Menschen abgewogen werden.

Von Heribert Prantl

Es geschah am 11. September. Nicht 2001 in New York, sondern 29 Jahre früher, am 11.September 1972 in München. Bundesverteidigungsminister Georg Leber saß in seinem Büro und bearbeitete Akten.

Vor dem Schreibtisch stand ein kleines Fernsehgerät. Der Minister beobachtete den Beginn der Schlussfeiern der Olympischen Spiele. Um 20.05 Uhr trat der Adjutant mit einer Meldung ins Zimmer:

Der Chef des polizeilichen Leitungsstabes bei den Olympischen Spielen teilte mit, vor wenigen Minuten sei in Stuttgart von Terroristen ein Flugzeug gestohlen worden; es sei auf dem Weg nach München. Man habe Erkenntnisse darüber, dass aus dem gestohlenen Flugzeug Bomben über dem Stadion abgeworfen werden sollen.

Ein Führungsgefechtsstand der Luftwaffe bestätigte "ein nicht identifizierbares Flugobjekt etwa elf Meilen nordwestlich von Ulm in zweitausend Meter Höhe, langsam fliegend, Kurs nach Osten".



Eine Katastrophe herbeiführen um eine andere abzuwenden

Es handelte sich um einen Fall, wie ihn das Luftsicherheitsgesetz, das am vergangenen Freitag von der Bundesregierung im Bundestag eingebracht wurde, ausdrücklich regeln will.

Wolfgang Bosbach, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, begrüßte das Vorhaben so: "Gerade diejenigen, die in einer solchen Extremlage die Verantwortung tragen, haben einen Anspruch darauf, auf einer sicheren Rechtsgrundlage zu entscheiden und zu handeln.

Wer ihnen dies verweigert, handelt unverantwortlich." Die Frage freilich lautet: Wie verantwortlich kann eine Entscheidung überhaupt sein, die eine Katastrophe vorsätzlich herbeiführt, um damit eine andere, echte oder vermeintliche Katastrophe abzuwenden? Die Frage, um die es geht, lautet: Sollen, dürfen die fünfzig, hundert oder zweihundert Passagiere eines entführten Flugzeugs getötet werden, weil der Minister entscheidet, ihr Leben sei weniger wichtig als das vermutete Angriffsziel?



Erst im allerletzten Moment kam die Entwarnung

Hätte ein Luftsicherheitsgesetz die Lage am 11. September 1972 verändert? Sicherheitskräfte und Öffentlichkeit standen damals noch unter dem Schock des Überfalls palästinensischer Attentäter auf die israelische Olympiamannschaft.

Ein zweites Attentat, nun vor den Augen einer Milliarde Menschen an den Fernsehgeräten, passte, so erinnert sich Georg Leber, in die "Atmosphäre, die durch den Überfall schon geschaffen war". Also Abschuss? Der Minister ließ den Luftraum räumen, befahl den Start einer "Alarmrotte" des Jagdgeschwaders JG 74.

Die Maschinen hatten scharfe Waffen an Bord, wurden nach München beordert, um über dem voll besetzen Stadion zu kreisen. Die Luftüberwachung meldete, das unbekannte Flugzeug sei außer Kontrolle. Luftwaffenoffiziere vermuteten, es sei in den Tiefflug übergegangen, um der Radarkontrolle zu entgehen. Für den Abschuss verblieben nur wenige Augenblicke. Der Minister zögerte. Erst im allerletzten Moment kam die Entwarnung.



Der Versuch einer legislativen Aufarbeitung

Das Terroristenflugzeug erwies sich als ein verirrtes finnisches Zivilflugzeug, dessen Radaranlage an Bord zeitweise ausgefallen war. Es erbat nun Landeerlaubnis in München. Die Meldungen über den Diebstahl eines Flugzeuges in Stuttgart stellten sich als falsch heraus.

"Höchstens zwei Minuten später", so schreibt Georg Leber in seiner Autobiografie, "hätte dieser Vorgang, der sich jetzt wie eine Episode ausnimmt, einen anderen Verlauf genommen. Das finnische Passagierflugzeug war reichlich besetzt. Auch meine eigene Welt hätte drei Minuten später ganz anders ausgesehen." Dann wünscht sich Leber: "Es wäre gut, wenn der Vorfall einmal juristisch und politisch aufgearbeitet würde."

Das Luftsicherheitsgesetz, das am Mittwoch dem Innenausschuss des Bundestags vorliegt, ist der Versuch einer solchen legislativen Aufarbeitung. Der Ausschuss wird die Anhörung von Sachverständigen beschließen. Und dabei werden die Straf- und die Verfassungsrechtler dem CDU-Abgeordneten Bosbach sagen müssen, dass kein Gesetz, wie immer es heißen mag, den Abschuss, also die Tötung von Passagieren, für rechtmäßig erklären kann.



Natürlich ist das Recht nicht blind

Für "Klarheit" kann ein Gesetz allenfalls insoweit sorgen, als es sagt, wer für Anordnungen zuständig ist. Aber das wusste man, siehe München 1972, auch ohne Luftsicherheitsgesetz. Das Abschussgesetz macht das Undenkbare denkbar. Das Gefährliche an so einem Gesetz ist unter anderem, dass es so tut, als könne es für einen Abschussbefehl eine Ermächtigung geben, die dessen schauerliche Folgen rechtfertigt.

Es gibt, nach einer seit Jahrzehnten einhelligen Rechtsprechung, keine solche Rechtfertigung. Kein Gesetz kann einen Minister oder General dazu berufen, Schicksal zu spielen - indem er die einen Menschen opfert um damit, echt oder vermeintlich, andere zu retten. Natürlich ist das Recht nicht blind. Es weiß, das es tragische Situationen gibt - wo Leben geben Leben abgewogen wird.

Bis zur Reform des Rechts des Schwangerschaftsabbruchs beriefen sich deshalb Ärzte, die sich zu einer Abtreibung entschlossen hatten, auf "übergesetzlichen Notstand". Die Lehrbücher sind voll von echten oder anschaulich konstruierten Fällen.



Gilt nicht der Satz vom kleineren Übel?

Im berühmten "Bergsteigerfall" sind beide Kletterer mit Sicherheit verloren, wenn nicht das Seil gekappt wird; jemand wirft dem einen Kletterer ein Messer zu, damit er das Seil durchschneiden kann, an dem unter ihm der mit abgestürzte und in jedem Fall verlorene andere Kletterer hängt. Wie entscheidet das Recht? Es segnet sein Handeln nicht. Es sieht nur von Strafe ab.

Wenn aber Hundert geopfert werden, auf dass Tausend gerettet werden - gilt dann nicht der Satz vom kleineren Übel? Nein, sagt das Recht, weil dieser Satz nur bei der Erhaltung von Sachwerten gelten kann; die Abwägung von Menschenleben sei ausnahmslos unzulässig. Das gilt auch dann, wenn wenige Menschenleben zur Erhaltung vieler geopfert werden und wenn die Geopferten ohnehin todgeweiht gewesen wären.

"Es kann fatal falsch sein, ein Flugzeug zum Absturz zu bringen, und es kann fatal falsch sein, es nicht zum Absturz zu bringen. Wenn etwas passiert, wird selbstverständlich zu prüfen sein, ob der Befehl rechtmäßig erteilt worden ist." So sagte der Abgeordnete Bosbach im Bundestag. Er täuscht sich. Rechtmäßig ist ein Abschussbefehl nie. Das Recht kann dem Minister, der den Befehl gibt, nicht Recht geben. Es kann ihn, wegen der Tragik der Umstände, nur straflos lassen.



Ein Wahnsinns-Risiko

Die Strafrechtler sprechen, wie gesagt, von übergesetzlichem Notstand. Die Praktiker des Luftverkehrs reden von "Idiotie". Hans Rudolf Wöhrl, der Chef der Deutschen BA, hielt im Gespräch mit der SZ "das Gesetz für einen gefährlichen und grotesken Ausdruck von Aktionismus".

Der Unternehmer, der selbst ausgebildeter Pilot ist, wies darauf hin, dass "Fälle, die zu Missverständnissen führen können, monatlich passieren". Er hält das Flugsicherheitsgesetz für ein Wahnsinns-Risiko und schildert warum:

"Nicht auszudenken, was geschähe, wenn ein großes Zivilflugzeug wegen eines technischen Defekts von einem General oder Minister als gefährliches Objekt eingestuft würde. Und dies nur, weil es sich aufgrund des Defekts zufälligerweise in der Nähe eines Kernkraftwerks oder einer wichtigen Regierungsstelle befindet."



"Schwachsinniger Befehl"

Und zum Schießbefehl meint Wöhrl in der Bordzeitschrift seiner Airline: " Man kann dann nur hoffen, dass die Luftwaffe gerade kein einsatzfähiges Flugzeug zur Verfügung hat oder der Pilot bewusst daneben schießt, weil er weiß, wie schwachsinnig so ein Befehl ist."

Wöhrl weist darauf hin, dass es in Deutschland aus die Todesstrafe nicht gibt - unter anderem deswegen, wie er meint, " weil die Gefahr des Justizirrtums auch nach einem monatelangen peniblen Verfahren besteht". Hier aber, so empört sich Wöhrl, soll in fünf Minuten über das Leben Hunderter von unschuldigen Menschen entschieden werden?

Der Pilot Wöhrl trifft sich in der Vehemenz seiner Kritik mit dem FDP-Rechtspolitiker Burkhard Hirsch, der beim Lesen des Gesetzestextes konstatierte: "Die Bundesregierung muss ihren Verstand verloren haben." Sollen die Passagiere, wenn sie ein Flugzeug besteigen, so fragt Hirsch, "zukünftig ihr Leben der Einsichtsfähigkeit, der Nervenstärke und den prognostischen Fähigkeiten des jeweiligen Herrn Verteidigungsministers anvertrauen?"

1983 hat die Sowjetunion ein voll besetztes koreanisches Passagierflugzeug wegen Gefährung der nationalen Sicherheit abgeschossen. Alle 269 Passagiere starben. Der Westen sprach damals von einem Akt ungeheuerer Brutalität. Die Sowjetunion sprach von Spionage. Später stellte sich heraus, dass im Bordcomputer versehentlich falsche Koordinaten eingegeben worden waren.

(SZ vom 03.02.2004)
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